Religion und Poesie

Die Aktualität der alten Weihnachtsworte

Die Aktualität der alten Weihnachtsworte - Georg Magirius und Bettina Linck in Reinheim-Ueberau

Advent und Weihnacht gelten als Zeit der Geschichten. Aber wie kann man heute so erzählen, dass es zum Staunen bringt? Und wie glückt es, die Aktualität der alten Weihnachtsworte erfahrbar zu machen? Orientierungshilfe bietet eine der berühmtesten Erzählungen der Weltgeschichte. Sie beginnt so: „Es begab sich aber zu der Zeit …“. Die Weihnachtserzählung nach Lukas verzaubert, wenn kein Wort verändert wird, schreibt Theologin und Journalistin Amet Bick in der Evangelische Wochenzeitung für Berlin und Brandenburg.

Bettia Linck in der Evangelischen Kirche in Ueberau

Berechtigte Kinderfragen

Bleibt man der biblischen Weinachtsgeschichte allerdings nur aus Gewohnheit treu, erlahmt das Erzählen. Dann fehlt laut Bick der Sprung ins Heute. Da rege es an, sich mit den alten Worten mit Georg Magirius anzunähern. Seine Fragen, „die manchmal an berechtigte Kinderfragen erinnern, lassen einen wieder staunen über das, was Lukas erzählt.“ Sein Buch „Dies soll euch ein Zeichen“ weise ins Träumen. Außerdem öffnet es die ursprünglichen Weihnachtsworte für heutige Erfahrungen. „Die muss man nicht immer mitdenken, aber manchmal werden dadurch die alten Worte wieder frisch.“

Große Worte

Um weihnachtlich zu erzählen, braucht es „nicht Kerzenschein und Behaglichkeit“ als Zutaten, sagt Redakteurin Ramona Eibach. Denn idyllische Zustände kann man ohnehin nicht herstellen, wenn vor Weihnachten alles drunter und drüber geht. Es entlastet, wenn man sich klar macht: „Die Weihnachtsgeschichte ist nicht saisongebunden. Denn das Leben erzählt Weihnachten immer wieder neu.“ Eibachs einstündiges Gespräch mit Magirius auf ERF-Plus stellt den Weihnachtsengel als vorbildlichen Erzähler vor. Ihm gelinge es, mit großen Worten zu erschüttern, ohne dabei die Welt der Angesprochenen aus dem Blick zu verlieren.

Die Überforderung ist der Gewinn

Die Aktualität der alten Weihnachtsworte - Georg Magirius während einer Lesung aus seinem Buch "Dies soll euch ein Zeichen sein"

Die Erzählästhetik des Engels auf ein Wort gebracht? Antwort von Magirius: Windel. Sie ist, ruft der Engel, das Zeichen. An ihm können die Hirten die zur Welt gekommene Freude erkennen: „Gemeint ist damit nicht allein der Hinweis auf ein süßes Baby”, sagt Magirius. “In dem Zeichen steckt genauso die Überforderung. Die niemals endende Hausarbeit! All das anstrengend Alltägliche, das ist der Gewinn! Das rührt die Hirten an, weckt Vertrauen, weil es auf ihrer Erfahrungsebene liegt. Sie spüren: Das ist ja unser Kind!“ Dass sich die Hirten zu dem Kind hingezogen fühlen, signalisiert: Ein angemessen weihnachtliches Erzählen fokussiert sich laut Magirius nicht auf das Ideal der Kleinfamilie.

Auf ungewohnte Weise modern

Dieser Blick auf Weihnachten kann gerade jene ansprechen, die kein Kind haben. Die sich ein Kind vergeblich wünschen. Oder ihr Kind lange nicht gesehen haben. Packend erzählen: Das glückt, indem man sich dem Star unter den Weihnachtserzählungen sorgfältig, detailliert und liebevoll annähert. Das meint Marissa Conrady, preisgekrönte Autorin, Literaturwissenschaftlerin und Bloggerin („Reading is sexy“). Magirius‘ Annäherung an Weihnachten ist ein „herzerwärmender, kleiner literarischer Schatz“. Denn er spreche das Alte mit dem Gegenwärtigen ineinander: „Und das macht die Weihnachtsgeschichte noch schöner, noch verständlicher und greifbar. Und es macht sie auf eine ganz ungewohnte Art modern.”

Eine neue Tradition

Gerade in unserer Zeit ist das für die Weihnachtsgeschichte ein Glück, schreibt Conrady weiter: “Immer mehr nämlich droht sie in Vergessenheit zu geraten, immer weniger wird sie an Weihnachten noch (vor-)gelesen. Mit Magirius’ Buch aber könnte eine neue Tradition eingeläutet werden: Lesen und Fragen – was hat das mit uns heute zu tun? Denn nur wer fragt und redet, der gerät nicht in Vergessenheit.“

Die Aktualität der alten Weihnachtsworte:  Bettina Linck spielt, Georg Magirius erzählt

“Dies soll euch ein Zeichen sein”

Georg Magirius hat das Buch “Dies soll euch ein Zeichen sein – Einstimmung auf Weihnachten” im Herder Verlag veröffentlicht. Das Buch hat 144 Seiten und Abbildungen von Ulrike Vetter. Dr. Esther Schulz hat es lektoriert. Weitere Informationen zum Buch, Pressestimmen und Hinweise auf Konzertlesungen etwa im Bayerischen Rundfunk sind hier. Die Fotos zeigen Eindrücke der Konzertlesung mit der Harfenistin Bettina Linck aus der Evanglischen Kirche Ueberau bei Darmstadt. Die Fotos stammen von Tim Besserer vom Zentrum für Yoga und Therapie