Liebesgeschichten, Neues Leben
Die Auferstehung der Buchstaben

Wenn Geschichten nicht nur für sich gelesen werden, sondern klingen, verbunden mit Musik, dann kann es zu einer “Auferstehung der Buchstaben” kommen. Das hat Redakteurin Ute Heuser-Ludwig zum 30-jährigen Bestehen der Sendereihe Lesezeichen am 2. November 2025 im Sinnsender ERF gesagt. In der Jubiläumswoche werden im Archiv schlummernde, außergewöhnliche Sendungen zum Leben erweckt, darunter zwei Liebesgeschichten von Georg Magirius aus dem von Annegret Grimm lektorierten Buch “…. denn die Liebe ist von Gott”. Die Sendung mit Harfenmusik von Bettina Linck aus dem Jahr 2005 präsentiert Theologe und Redakteur Kai-Uwe Woytschak
Geheimnisvolles Phänomen
Die Formulierung “Die Auferstehung der Buchstaben” stammt aus einer Erzählung von Albrecht Gralle, mit der die Sendereihe am 1. November 1995 startete. Die Idee zur Reihe hatte Heuser-Ludwig, kurz nachdem sie ihr Volontoriat beendet hatte, erzählt sie im Gespräch mit Andreas Odrich. Am Start der Sendereihe damals mit dabei: Angelika Fries, bald darauf kamen Hanno Herzler und Simone Nickel ins Team. Dass aufs erste Lesezeichen 30 Jahre folgten, hätte die Redakteurin nie geglaubt. Jedoch: „Daran habe ich immer geglaubt, dass Worte nicht nur Worte sind. Sondern Gott ist letztlich das Wort.“ Er nehme sich freilich die Freiheit, glaube sie, sich auf ganz unterschiedliche Weise hören zu lassen. Vielleicht komme er gerade auch dort zu Wort, wo gar nicht „Gott“ draufstehe. Eindrucksvolle Beispiele für dieses geheimnisvoll paradoxe Phänomen gebe niemand anderes als Jesus. „Er selbst hat Alltagsepisoden genommen, um von Gott zu erzählen. Und er hat nicht immer sofort eine Moral hinterhergeschickt. Er hat die Geschichten wirken lassen.“

Aufgehoben im Klang
So wichtig Predigten, Andachten und Vorträge seien, öffneten erzählerische Bücher doch einen eigenen Weg dorthin, wo Menschen sich begleitet fühlen. “Geschichten öffnen eine Tür zu einem Raum, in den ich hineingehen kann. Und dann schaue ich mich erst einmal ein bisschen um”, beschreibt Heuser-Ludwig den attraktiv unaufdringlichen Charakter des Erzählens. Wenn Stimmen Geschichten lebendig machen, diese mit Musik in Dialog treten oder gar verschmelzen, erschüfen sie im Alltagsgetriebe einen Ruheort. Dort könne man sich vergewissern und aufgehoben fühlen, hat die Ideengeberin selbst als Kind erfahren. Viel habe hat sie gelesen, aber noch mehr Hörspiele und Schallplatten gehört.
Ein Platz für mich
Ich habe drei Geschwister, also eine recht große Familie. Und für mich war dieses Hören ein Rückzugsort. Die ganzen Stimmen blendete ich aus. Ich war dann in dieser Geschichte. Ich war in der Musik. Ich hatte einen eigenen Ort. Das fand ich ganz wichtig und toll für mich, aus dem Gewusel auszusteigen. Und es ist mir immer noch ein Anliegen, das ich mit dieser Sendung verbinde: dass Menschen aus dem Gewusel ihres Lebens für eine halbe Stunde heraustreten können. An einen anderen Ort, wo eigentlich niemand anderes etwas von ihnen will, wo sie etwas Gutes hören, wo sie selbst entscheiden können, was ihnen davon wichtig ist. Und wo sie sich setzen und zur Ruhe kommen können.
Ute Hesuer-Ludwig, Redakteurin der Reihe Lesezeichen hier hören

Liebe und … Humor!
In der Jubiläumswoche präsentieren Redakteure und Redakteureinnen ihre jeweilige Lieblingssendung aus 30 Jahren Lesezeichen. Simone Nickel stellt „Wenn Liebe hält, was sie verspricht“ von Robertson McQuilkin vor. Sabine Bohn „Alma Mater“ von Birthe zur Nieden. Ute Heuser-Ludwig “Leben – was sonst” von Andrea Schwarz. Und Kai-Uwe Woytschak präsentiert als – wie er bekennt – “alter Romantiker“ zwei Geschichten aus dem Buch „… denn die Liebe ist von Gott“ von Georg Magirius. Der Autor bringe zusammen, was gar nicht wenige für einen Gegensatz halten: Liebe und … Witz!
Ein Buch, das mir auf Anhieb gut gefallen hat. Mit viel Humor, aber auch hintergründigem Ernst werden biblische Geschichten respektvoll nacherzählt. Trotzdem nimmt sich der Autor jede Menge schriftstellerische Freiheit.
Kai-Uwe Woytschak

Bettina Linck interpretiert
Besonders an diesem Lesezeichen: Weil die Geschichten bei Lesungen, wie Redakteur Woytschak in einem Telefongespräch erfuhr, manchmal die Konzertharfenistin Bettina Linck musikalisch auslegt, lud er Autor und Musikerin ins Funkhaus des ERF ein. “Das Ergebnis kann sich hören lassen”, meint Woytschak. Sein Urteil lässt sich prüfen dank der Sendung als Podcast hier. Für die Aufnahmen verantwortlich ist Tonmeister Robert Foede.
Selbst Erzähler werden
Die Jubiläumsfeierlichkeiten “30 Jahre Lesezeichen” münden im ERF-Funkhaus in Wetzlar in ein Fest am 22. November 2025, einen Tag nach dem bundesweiten Vorlesetag. Dann lesen Bärbel Löffel-Schröder, Jürgen Werth, Getraud Schöpflin, Katrin Faludi und Titus Müller. Allerdings dürfte es nicht nur deshalb zu einer Auferstehung der Buchstaben kommen. Denn die Besucherinnen und Hörer erfahren, dass in ihnen selbst gute Vorleser und Erzählerinnen schlummern. So gibt es Tipps zum Vorlesen und zum Schreiben von Lebensgeschichten und Romanen.

Das Buch “… denn die Liebe ist von Gott”
Georg Magirius hat das Buch “… denn die Liebe ist von Gott” in der Evangelischen Verlagsanstalt veröffentlicht. Die überarbeitete Neuausgabe mit Bildern von Marc Chagall ist im Echter Verlag erschienen. Die Fotos des Blogbeitrags zeigen Konzertlesungen aus dem Buch in Bad Vilbel, Langen (Hessen) und Malans in Graubünden in der Schweiz. Sie stammen von Rüdiger Döls, Marc Strohfeldt und Annika Schulz.