Neues Leben
Das Licht in sich entdecken

Wie man in sich Licht entdeckt und es frei leuchten lässt, erklärt der Theologe und Schriftsteller Georg Magirius im Bayerischen Rundfunk in der Reihe “Gedanken zum Tag”, in der Episode vom 23. Oktober 2024, gesendet auf BR1 und BR2. Die Redaktion hat Sabine Winter, das Produktionsmanagement liegt bei Ingrid Schillinger.
Gold oder Staub
Ob überhaupt Lichtvolles im Menschen ist, ist seit alters her umstritten. Wenn er sich läutert, entwickelt, voranschreitet, dann schon, sagen einige. Andere: Der Mensch hat nicht nur in sich Licht, sondern ist sogar wie Gold. Nur liegt seine glanzvolle Natur im hiesigen Leben im Dreck, ist vergessen. Seine ursprüngliche Himmelszugehörigkeit braucht der Wiedererinnerung. Wieder andere sind sich sicher: Grundlegend verkorkst ist die menschliche Natur. Dann gibt es welche, die sagen: Einer ist nicht wie der andere! Da gebe es Kinder des Lichts und Kinder der Finsternis. Wieder andere glauben: Es gibt einen Funken tief im Innern, der seine Helligkeit verbreiten kann. Aber wie?
Zauber des Banalen
In den Gedanken zum Tag gibt Magirius auf diese Fragen keine direkte Antwort. Aber er berichtet von einer richtungsweisenden Aktion, die manchen auf eine pathetische Weise banal, kitschig oder sehr gewöhnlich erscheinen dürfte, gerade einmal tauglich, in einem Besinnungsheftlein aufzutauchen, das im Hunderterpack verbreitet wird. Bei aufmerksamem Ausführen dieser Aktion gebe sie aber ahnungsvolle Hinweise darauf, wie man das Licht in sich entdecken und freilassen kann.
Feuriges Mittelmaß
Voraussetzungen für diese Aktion: keine. Außer: eine Kerze. Dazu ein Streichholz. Dämmerung oder – noch besser – Dunkelheit. Dazu sollte man als Kind geübt haben, ein Streichholz zu entzünden. Und sich bewusst machen, dass dafür eine Art von Mittelmaß nötig ist, das nicht im abwertenden Sinn mittelmäßig, sondern könnerhaft ist. Denn beim Entzünden eines Streichholzes bedarf es genau dieses feurigen Mittelmaßes. Es ist der richtig gewählte Impuls, um nicht zum Gewalttäter zu werden (Holzbruch), aber umgekehrt auch nicht vor lauter Sanft- und Lahmheit zum Lichtverhinderer.

Innere Beweglichkeit
Ist nicht nur das Holz, sondern auch der Docht entzündet, muss die Kerze im Blick gehalten werden. Dabei lässt sich eine Ahnung davon bekommen, warum Menschen womöglich tatsächlich nicht grundlegend oder für immer aus Finsternis bestehen. Voraussetzung? Erneut: keine. Außer: Man muss schon einmal andere betrachtet haben, die ins Kerzenlicht gucken. Und dann bereit sein, während man weiter ins Kerzenlicht schaut, innerlich die Perspektive zu wechseln und sich vorzustellen, mit den Augen anderer nun sich selbst zu sehen, wie man gerade ins Licht schaut. Wer also zwei Minuten Zeit, Kerze, Streichholz, eine geeignete Fingerbeweglichkeit und innere Beweglichkeit besitzt, kann erfahren, wie das Licht in einem frei kommt, man vielleicht sogar erleuchtet ist. Die Fotos stammen von Pixabay, das Streichholzbild von Eckehard Jagdmann.