Frankfurt, Stille

Die Selbstversorgerin

Der Bethmannpark verfügt über die stille Attraktivätit des Unvermuteten, sagt Lydia Meinhardt - Foto (c) Georg Magirius

Auf Abstand gehen zum täglichen Gewusel – darauf hoffen viele. Aber diesen Abstand ausgerechnet in Frankfurt am Main finden? Das ist kein Paradebeispiel für unlogisches Denken, sondern bedeutet einfach nur aufmerksam zu sein. Und sich nicht nur um andere, sondern ausreichend um sich selbst zu sorgen. Das sagt Lydia Meinhardt im Hessischen Rundfunk in der Reportage “Im Schutz der Stille – Ruhe finden in der Großstadt” von Georg Magirius. Sie ist es jetzr hier kostenfrei als Podcast abrufbar. Die gebürtige Frankfurterin Meinhardt, die sich als Selbstversorgerin bezeichnet, zeigt ihren Lieblingsort in Frankfurt, den Bethmannpark. Außerdem geht es in der halbstündigen Sendung auf den Hauptfriedhof und in den Niddapark. Die Redaktion hat Dr. Lothar Bauerochse, das Produktionsmanagement Maria Anna Bopp.

Schutzraum Stille

Für die in Bornheim lebende Lydia Meinhardt gehört das Gehen in der Natur zur Lebensqualität. Aber sie kennt auch keine Berührungsängste gegenüber traditionellen Besinnungsorten wie Kirchen. Jedoch:

Es muss irgendwas haben. Ich muss da reingehen und denken: Das ist es! Es gibt ja Kirchen, die bieten einen Raum und nehmen einen so – in Schutz. Und es gibt Kirchen, die sind einfach zu modern, die bieten nichts. Die sind kalt.

Lydia Meinhardt in der Sendung “Im Schutz der Stille” auf hr2kultur jetzt hören
Die stille Akttraktivät des Unvermuteten - Chinesischer Garten im Bethmannpark

Auftauen im Park

Als auftauend erlebt sie dagegen den Bethmannpark. Er liegt an der Berger Straße, die bekannt ist für Bistros, Kneipen und ihr Straßenfest. Das zieht Lydia Meinhardt nicht an. Denn als Selbstversorgerin zählt sie zu den Selberkochenden. Womit sie über eine fast selten gewordenden Kulturtechnik verfügt. Selbstversorgerin heißt für sie aber noch mehr als Einkaufen, Kochen und das Essen zu Hause genießen. Denn Meinhardt sorgt auch im Bethmannpark für sich, wo man Schachspielern zuschauen kann, es eine Vielzahl an Beeten gibt, Brunnen, Bänke für Sonnenanbeter und eine Liegewiese. Außerdem freut sie sich an einer Institution, die unverletztbar durch die Zeiten kommt. Im Pflanzenhaus halte nämlich ein Pflanzenberater Sprechstunde, in die man mit seinen Gewächsen kommen könne, wenn sie Sorgen machen. Am liebsten genießt Meinhardt den Park indessen so:

Fern ist die Zivilisation

Ich gucke mir die Pflanzen an, ich lasse mich einfach treiben. Abgesehen vom Berger Straßenfest ist das hier ein Refugium, wo es wirklich leise ist. Nur in der Ferne hört man die Zivilisation, wenn die Polizei ta-tü-ta-ta macht oder irgendein Irrer mit einem Motor hier langbläst (lacht). Hier ist es zauberhaft.

Lydia Meinhardt in Camino (HR) hören
Die Diktatur des Reihers - Chniesischer Garten im Bethmannpark

Die Diktatur des Reihers

Innerhalb des Bethmannparks tut sich hinter einer Mauer ein noch einmal ganz anders wirkender Ort auf, der Chinesische Garten. Der Aufenthalt dort ist freilich nicht ungefährlich:

Hier gibt es einen Fischreiher, der kommt immer vom Zoo, wenn da drüben die Fütterung zu Ende ist. Und der weiß, wann hier die Türen zugehen, ich glaube um 5 Uhr, dann ist hier dicht, dann setzt der sich da oben hin und wartet, bis die Leute draußen sind, damit er hier in Ruhe die Fische verspeisen kann.

Lydia Meinhardt in: hr2kultur

Lauschend versinken im Rauschen

Solange aber die Türen geöffnet sind und man als Mensch eintritt, stünden die Chancen gar nicht schlecht, auch wieder lebend aus dem Garten hinauszukommen. Wobei das eher eine Untertreibung sei. Denn nach einem Besuch des Chinesischen Gartens fühle man sich in der Regel bedeutend lebendiger, ausgeruhter, umsorgt, mit sich und der Welt versöhnt. Das liegt auch an einem Wasserfall, vor dem eine Bank zu sagen scheint: “Komm und versinke lauschend in diesem Rauschen.” Seit dem Massaker 1989 in Peking gegen die dortige Demokratiebewegung heißt diese Ruheoase “Garten des Himmlischen Friedens”. In ihm zeigt sich, dass es offenbar Wege gibt, der Diktatur des Fischreihers zu entkommen. Der Grund für diese Vermutung ist bei Anklicken der folgenden Hördatei nach exakt 2,6 Sekunden vollständig im Ohr:

Die Sendung “Im Schutz der Stille”

Huhn vor Frankfurter Skyline

Die Sendung “Im Schutz der Stille – Ruhe finden in der Großstadt” inklusive des vollständigen Porträts des Bethmannparks vom 23. August 2023 auf hr2-kultur ist jetzt hier als Podcast hörbar. Georg Magirius, der Autor der Sendung, hat zum Thema das Buch veröffentlicht: “Stilles Frankfurt – 13 Orte zum Staunen und Verweilen”. Es ist unter dem Lektorat im Würzburger Echter Verlag erschienen. Informationen, Leseprobe und Pressestimmen dazu hier.