Frankfurt, Stille

Der Ruhekünstler

Ruhekünstler Otto W. Ziegelmeier an seinem Lieblingsort in Frankfurt, dem Niddapark - Foto von Georg Magirius

Wie findet man Ruhe? Die Suche nach Antworten ist fast schon eine Lebenskunst, sagt Otto W. Ziegelmeier im Hessischen Rundfunk. Sogar mehrere Wirtschaftszweige profitieren von der Sehnsucht nach Stille. Denn fast überall auf der Welt locken Meditationsstätten und attraktive Zufluchtsorte. Der Weg dorthin führt allerdings nicht unbedingt in die erhoffte Stille. Ziegelmeier selbst wählt einen direkteren Weg der Einkehr. Er findet Zuflucht zu Fuß in 6 Minuten. Und das mitten in Frankfurt am Main, wo der Ruhekünstler lebt. Davon handelt die Sendung “Im Schutz der Stille – Ruhe finden in der Großstadt” von Georg Magirius am 27. August 2023 auf hr2-kultur in der Reihe Camino, jetzt kostenfrei als Podcast hörbar. Die Redaktion hat Dr. Lothar Bauerochse. Ziegelmeier führt zu seinem Lieblingsort, einer leicht erhöhten Gruppe von Sitzbänken mit Schatten spendenden Bäumen im Niddapark. In der Sendung geht es außerdem auf den Hauptfriedhof und in den Bethmannpark.

Konglomerat vieler Dörfer

Dass Frankfurt überhaupt Plätze hat, die zur Besinnung einladen, konnte sich Ziegelmeier allerdings kaum vorstellen, als er vor etwa 30 Jahren in die Mainmetropole zog.

Frankfurt, ja, ist berühmt: Flughafen. Ja: laut. Größter Internetknotenpunkt Deutschlands oder vielleicht sogar Europas. Es hat einen Hafen, viele Straßen, viel  Verkehr, ist berühmt für Banken, Finanzen, Versicherungen – das ist wuselig, geschäftig, umtriebig. Ja, das stimmt alles. Aber ich habe auch erlebt: Frankfurt ist ein Konglomerat von vielen Dörfern, die zusammengeplumpst sind. Es gibt hier keine sechsspurigen Highways, die durch die Stadt gehen, gibt’s hier nicht. Es ist schon auch beschaulich.

Otto W. Ziegelmeier im Hessischen Rundfunk (“Im Schutz der Stille”)8

“Ich bin mal fort”

Ruhekünstler Ziegelmeier lebt in einem Teil Frankfurts, der trotz allen Ineinandergeplumpstseins der Dörfer noch gut erkennbar ist: Bockenheim. Seine Wohnung liegt an der nicht zuletzt von Linienbussen genutzten Ginnheimer Straße. Der Pfarrer und Autor, der sein Geld außerhalb der Kirche als Unternehmer verdient, hat dort auch sein Büro.  

Wenn es zu viel der E-Mails, Telefonate, Faxe undsoweiter ist oder ich einfach mal den Eindruck habe: Jetzt musst du raus!, dann gehe ich auch raus. Und dann gibt’s zum Glück Orte, wo ich einkehren, abschalten, einfach mal durchschnaufen und auf neue Gedanken kommen kann. Und sehr angenehm: Man muss nicht weit fahren, es gibt zwar Zufluchtsorte überall auf der Welt, aber es ist schön, wenn solche Orte in der Nähe liegen, wo man keine großen Vorbereitungen treffen oder weite Wege in Kauf nehmen muss. Sondern einfach: Ich gehe dort hin – und bin mal fort.

Otto W. Ziegelmeier in der Reihe Camino

Weitblick im Niddapark

Von seiner Wohn- und Arbeitsstätte ist Ziegelmeier zu Fuß gelassen gehend und doch rasch an seinem Lieblingsort: auf einem Hügel, der sich dank weniger Stufen erklimmen lässt. Am Ende der Gipfeltour lädt eine Rundbank zur Erholung ein. Allerdings bildet die Rundbank keinen vollständigen, sondern einen halben Kreis.

Man hat hier den Blick in die Weite. Gegenüber sitzt niemand, gegenüber ist quasi die große, weite Welt, das ist das Angenehme. Und die ist noch ein Stück weit weg, da sind noch vorher ein paar Bäume, die Wiese, der Bolzplatz, wieder Wiese und dann erst kommen Häuser und dahinter sieht man noch Teile von der Skyline. Und das ist wohltuend, man hat eine gewisse Distanz.

Ruhekünstler Otto W. Ziegelmeier im HR

Frankfurter Stammplatz dank bayerischer Wurzeln

Viele, vielleicht sogar alle Wege ist Ziegelmeier schon durch den Niddapark gegangen, bei dem es sich um das Bundesgartenschaugelände von 1989 handelt. Doch bei seinen Spaziergängen landet Otto Ziegelmeier fast jedes Mal an dem herausgehobenen Ort, der in die Ferne blicken lässt und zugleich für ihn so etwas wie Heimat ist. Was gewiss auch daran liegt, dass Ziegelmeiers bayerische Wurzeln zusammen mit der hessischen Erde an dieser Stelle eine utopisch wirkende, aber doch höchst reale Verbindung eingehen. Wie die 35 Sekunden der folgenden Hördatei verraten.

Die Sendung “Im Schutz der Stille”

Huhn vor Frankfurter Skyline

Der Hessische Rundfunk sendet die Reportage “Im Schutz der Stille – Ruhe finden in der Großstadt” am 23. August 2023 auf hr2-kultur, außerdem als Podcast jetzt kostenfrei zu hören. Georg Magirius, der Autor der Sendung, hat zum Thema übrigens ein Buch veröffentlicht. “Stilles Frankfurt – 13 Orte zum Staunen und Verweilen”. Es ist unter dem Lektorat von Thomas Häußner im Würzburger Echter Verlag erschienen. Informationen, Leseprobe und Pressestimmen dazu hier. Die Fotos des Blogbeitrags stammen von (c) Georg Magirius.