Die Kunst des langen Backens

Viele hoffen auf schnelle Ergebnisse. Wer langsam ist, hört dagegen oft: “Du bekommst ja nichts gebacken!” Dabei ist es oft die Kunst des langen Backens, die zu beachtlichen Ergebnissen führt, behauptet Theologe und Schriftsteller Georg Magirius in einer Sendung vom 4. Mai 2025 über Ruhezeiten für Menschen und Teige. Unter den meistgehörten Podcastepisoden im Segment Spiritualität auf BR.de befand sie sich in Gesellschaft mit Sendungen über das Konklave, den Kirchentag oder mit einer Morgenfeier von Melitta Müller-Hansen über das Hoffen. Eine Woche war sie auf Platz 2, eine Woche auf Platz 1.

Ausdauernd

Das Hörinteresse kann überraschen, weil in der Sendung weder Theologieprofessorin noch Bischof zu hören sind. Dafür kommen Hühner und Gänse deutlich erkennbar zu Wort dank geduldig aufeinander abgestimmter O-Töne. Allein ist die Sendung ein Hinweis auf die Attraktivität der langen Dauer. Aber auch weil Julia Fischer sie spricht. Schon von Berufs wegen achtet die Schauspielerin darauf, nicht außer Atem zu geraten. Einen langen Atem hat sie auch als Autorin. Denn sie schreibt zarte, romantische, heitere und mehrere hundert Seiten umfassende Liebesromane. Sie ist außerdem die Stimme der Frankfurter Ermittlerin Julia Durant, einer bislang 24 Teile zählenden und nicht immer zart gestimmten Hörbuchreihe von Andreas Franz und Daniel Holbe. Und das von der ersten Stunde an: seit 2006.

Geduldig

Die Macht der Geduld illustriert auch Christel Sakalow. Dank einer bewusst gewählten Langsamkeit erfährt sie beim Gehen Gelassenheit, kommt in der Sendung zur Sprache. Auch als Autorin presst sie die Zeit nicht aus. So hat sie fünf Jahre lang überall in Bayern Meditationswege gesucht, ist sie dann abgeschritten und hat zwei Ruhebücher über sie geschrieben.

Reif

„Je mehr der Teig reift, desto mehr Geschmack“, bestätigt Stefan Weigand den Zusammenhang von Geduld und Qualität. Er gehört zu den Initiatoren eines Seelenwegs, den Autorin Sakalow beschreibt. Weigand bekommt eine ganze Menge gebacken, obwohl er langsam vorgeht. Die Werte, die der Rück-Besinnungsweg unweit von Miltenberg achtet, spielen auch bei seiner Arbeit eine Rolle. In der Bäckerei von Susanne und Stefan Weigand reift der selbstgezüchtete Natursauerteig im Eichenfass heran. Das ist zeitaufwendig.

Aromatisch

Den Verzicht auf schnelle Ergebnisse allerdings erfährt, wer vom Brot kostet, als Gewinn. So benötigt die Bäckerei nicht Fertigsauer, Frischhaltemittel, Quellmehle und Farbstoffe, auch keine Vor- und Fertigmischungen, wie sie sonst oft verwendet werden. In dem mehr als 50 Jahre alten Steinofen wird das Brot extrem lange gebacken. Eine dicke Kruste entsteht, es bleibt länger frisch und schmeckt ungewöhnlich aromatisch. So schreibt es die Gourmetzeitschrift “Der Feinschmecker”, für die die Elsenfelder Bäckerei den Wert der Rückbesinnung verkörpert und auch desahlb zu den Vordersten in Deutschland gehört.

Beruhigend

Außerdem ist da noch der Ofen im Vorgarten, der mit Buchenholz aufgeheizt wird. Dann wird die Holzasche herausgekratzt und der Laib mit dem Holzschiesser eingeschossen. Die Backzeit für jedes Brot beträgt eineinhalb Stunden. Vergleichsweise kurze 23 Minuten dauert die Sendung über Ruhezeiten. Aber fast schon wieder eine angenehme Ewigkeit lang in einer Welt, in der viele einen Zustand der Raserei anzustreben scheinen. Nur eben nicht alle. Die Beliebtheit der Sendung zeigt, dass es wohl noch immer oder längst schon wieder Appetit auf die Kunst des langen Backens gibt. – Die Klangreportage jetzt auf Podcast.de hören.