Frankfurt, Neues Leben

Luxuriöse Einfachheit

Ausschnitt aus dem Wunschkonzert "Auf dass es bleiben möge" aus der Zeitung "Glauben und Leben". Georg Magirius wünsche sich, dass die luxuriöse Einfachheit in der Nach-Corona-Zeit bleibt.

Die luxuriöse Einfachheit der ersten Tage nach Ausbruch des Virus möge in der Nach-Corona-Zeit bleiben. Das hat der Theologe und Schriftsteller Georg Magirius in der Wochenzeitung Glaube und Leben vom 14. Juni 2020 gesagt. Die Katholische Kirchenzeitung ist die Wochenzeitung für die Bistümer Mainz, Limburg und Fulda. Unter dem Motto “Auf dass es bleiben möge …” haben Menschen aus Philosophie, Religion, Pädagogik und Kunst unter der Redaktion von Johannes Becher Wünsche für die Zeit nach der Pandemie formuliert. Die Musiker und die eine Musikerin dieses Wunsch-Konzertes für die Nach-Corona-Zeit sind Gotthard Fuchs, Fabian Vogt, Eckhard Nordhofen, Peter Reifenberg, Andrea Schwarz, Joachim Valentin und Martin Ramb. Renate Fahn hat den Text von Georg Magirius redaktionell begleitet.

Georg Magirius: Luxuriöse Einfachheit

“Gerade hatten die Schulen, Büros und Kindergärten ihre Türen geschlossen. Es war also in jenen Tagen,  die nun oft als Phase der tiefsten Verunsicherung bezeichnet werden. Da wurde ich von der Ruhe überrascht.

Mein Sohn und ich waren mit den Rädern in die Hörweite des Frankfurter Flughafens eingedrungen. Nur hörten wir ihn nicht. Die Räder legten wir ins Gras der Schwanheimer Wiesen, die kaum zählbar viele Fußballplätze groß sind. Ein Hauch von Unendlichkeit in der Nachbarschaft.

Mein Sohn kletterte in einer Weide herum, die ihre Zweige ungehemmt in den Luftraum ausstreckte. Es war kein offizieller Kletterbaum, der pädagogisch zertifiziert und sicherheitstechnisch abgesegnet war. Also war er auch nicht mit rot-weißem Band verhüllt. Ich setzte mich in die Wiese und genoss das Fest der Stille. Dabei waren wir bei weitem nicht die einzigen! Viele flanierten und radelten vorbei. Und trotzdem war da eine Abgeschiedenheit, bei der ich mich wiederum mit den anderen verbunden fühlte. Diese Erfahrung war von einer solch luxuriösen Einfachheit, dass ich sie nicht verloren geben will. Sie soll der Zukunft gehören.

Denn keiner hatte ein Telefon in der Hand, keiner schaute auf den Bildschirm, keiner führte geschäftig seine Stimme vor, wie das unterdessen längst schon wieder üblich ist. Stattdessen waren alle, die da waren, nur an diesem Ort und sonst nirgends. Endlich angekommen.”