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Das Wunder der Knappheit

Das Wunder der Knappheit - Erster Schnee - Foto von Georg Magirius

Es ist die wohl kürzeste und unbekannteste Weihnachtsgeschichte überhaupt. Sie steht mitten im Neuen Testament. Und erzählt das Wunder der Knappheit, inspiriert von der Kraft des ersten Augenblicks. Dieser überzieht das Vertraute mit ungeahnter Frische. Georg Magirius stellt die Weihnachtserzählung nach Markus vor. Und zwar im Evangelischen Frankfurt vom 10. Dezember 2015.

Der Beitrag “Das Wunder der Knappheit”

Wer sich der Weihnachtsgeschichte mit dem Markusevangelium nähert, begefreift den Sinn des Festes neu. Aufatmen können somit all jene, die an all dem Gerede von Babyzauber, Familien- und Liebesfest zu ersticken drohen. Denn gefeiert wird ein Augenblick. Es ist ein puristisches Weihnachten.

Vier Evangelien im Neuen Testament erzählen die Geschichte Jesu Christi. Die bekannteste Weihnachtserzählung ist die nach Lukas mit Maria, Josef, Bethlehem, Krippe, Windeln, Engel und Hirten. Bei Matthäus ist ebenfalls von der Geburt die Rede, außerdem von den Weisen aus dem Morgenland. Bei Johannes findet sich ein Lied, in dem es heißt: Im Anfang war das Wort. Das war bei Gott und Gott war das Wort. Und das Wort ward Fleisch.

Die Geburtsschilderung im Markusevangelium ist verwegen. Wie erzählt Markus von Weihnachten? Knapp. „Das ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.“ Ein Satz später ist Jesus erwachsen. Weihnachten erfüllt sich in einer Winzigkeit, nämlich in dem Wort Anfang. Es ist die frohe Botschaft für jene, die den Festtagstrubel fürchten: das Evangelium für Weihnachtsmuffel.

Verwegene Weihnachten

Der dramaturgische Extremismus, mit dem Markus die Geschichte Jesu startet, kann die Sinne für den Kern von Weihnachten schärfen. In den Blick rückt dadurch die Wucht der Geburt, der Moment des ersten Schreis, der die Mauer einer lange aufgestauten Freude einreißt. Im Wagnis, dem Augenblick zu trauen, liegt der Zauber von Weihnachten. Die Freude der Heiligen Nacht heißt Beginn. Der Anfang heilt. Und entdecken lässt er sich nicht nur in der Krippe von Bethlehem. sondern immer dann, wenn man die Decke vom Gewohnten hebt.

Alles ist verwandelt

Alles bleibt vertraut und dennoch ist die Welt verwandelt. Der Beginn verbirgt sich im ersten Schnee, der über Nacht den Boden frisch bezieht. Es kann ein Sandstrand sein, den das Meer glatt gewaschen hat. Die Freude an der Winzigkeit ist der erste Schluck, auf den ich mit großem Durst gewartet habe. Der Zauber der Geburt entfaltet sich, wenn der Dirigent den Taktstock hebt und der erste Ton in eine erwartungsvolle Stille klingt. Ein Klang – so unverbraucht, der Anfang einer göttlichen Geschichte.

Oder wenn im Fußballstadion nach dem Werbegedröhn der Pfiff des Schiedsrichters ertönt. Die Winzigkeit des Pfiffs im riesigen Stadion macht alles neu. Der Ball beginnt zu rollen und nur noch Menschenstimmen klingen von den Stadionrängen. Das Fest erfüllt sich, wenn Äpfel, Stollen oder Buttergebäck in den Ofen kommen. Zauberhaft plötzlich entlässt der Ofen einen Duft, der auf ewig junge Weise die Geschichte mit dem Titel Anfang erzählt.

Informationen zum Buch “Dies soll euch ein Zeichen sein”

Buchcover "Dies soll euch ein Zeichen sein" von Georg Magirius

Der Beitrag “Das Wunder der Knappheit” ist angeregt von Georg Magirius’ Buch “Dies soll euch ein Zeichen sein – Einstimmung auf Weihnachten”. Er hat es im Herder Verlag veröffentlicht. Das Buch hat 144 Seiten, kostet 14 Euro 99 und ist fest gebunden. Dr. Esther Schulz hat es übrigens lektoriert. Und die ISBN-Nummer lautet 978-3-451-31261-8. Weitere Informationen und Pressestimmen sind hier.