Liebesgeschichten
Guter Geist Geduld

Was vergangen schien, gewinnt wider jede Logik neue Kraft. Diesen Eindruck erhalten Besucher der 4. Bad Homburger Kulturnacht. Im Sinclair-Haus, einem der 17 Veranstaltungsorte, ist zwischen Alten Meistern moderne Videokunst platziert. Blumen verwelken, zeigt das Video. Blütenblatt um Blütenblatt fällt ab. Verwirrend jedoch: Der Zeitraffer wirkt nicht wie ein Beschleunigen, sondern umgekehrt: Das Vergehen ist ein Dehnen, das Auskosten eines letzten, extremistisch schönen Augenblicks. Aber das ist nur ein Beispiel dafür, was man in der Kulturnacht entdecken kann. Was denn noch? Die Begegnung mit der Maxime Guter Geist Geduld.
Sprints in der Erlöserkirche
Viele der durch die Nacht Reisenden hoffen auf mehr als einen schönen und dazu auch noch letzten Augenblick. Sie sind bei der Orgelführung in der Erlöserkirche richtig. “Die Orgel kann den Ton immer halten, denn der Wind bläst ewig”, sagt Kantorin Susanne Rohn. Man habe das Instrument daher als Symbol für Gott verstanden, weil er beim Singen niemals Atem holen müsse. Dieser hat gewiss keine zu leise Stimme, nimmt man das kürzeste Orgel-Präludium von Johann Sebastian Bach als Hinweis: Kraftvoll, die Töne unabhängig klar und dennoch fließend – so platziert die Preisträgerin internationaler Orgelwettbewerbe die Läufe in den Kirchenraum. Es lässt an den pointierten Rhythmus der Sprinter denken, die ihre Füße auf die Tartanbahn setzen. Auf gezielte Weise elegant, rasant und filigran, ohne den Eindruck von Hektik zu vermitteln. Aber auch mancher zeitgleich agierender Kirchenführer scheint gottgleichen Atem zu haben. Selbst als die Orgel alle Register gezogen hat, stoppt das noch lange nicht die Worte, mit denen der Unirritierbare aus der Kirche immer neue Geschichten erwachen lässt.
Fröhlichkeit im Club!
Geschichten erzählen auch Harfenistin Bettina Linck und Georg Magirius, angeregt vom Buch “Traumhaft schlägt das Herz der Liebe”. Sofort ist da Fröhlichkeit im Ferienclub! Auf Dauer freilich ermüdet sie. So entdeckt ein Ferienpaar die Neugier. Und etwas bricht in ihnen auf, das nach draußen will. Auch sie selbst! Sie brechen aus der Ferien-Clubanlage aus. “Betörend klingt die Harfe während der Lesung in der Erlöserkirche”, urteilt Martina Dreisbach in der Frankfurter Neuen Presse vom 28. Oktober 2013: “Das Publikum lässt sich von der Mischung aus Biblischem und der wilden Freiheit heute in den Bann ziehen.”
Doch, da ist etwas zu hören
Nicht ganz so frei fühlen sich zwei Wasserenthusianten. Die Erfrischungslust aus Kindertagen ist infolge steten Arbeitens nur noch Erinnerung. Doch dann! Direkt vor ihren Augen eine Quelle, die alles erneuern kann. Nur bedeckt sie ein Stein. Die Erinnerung kann sich nicht in quirlende Gegenwart verwandeln. Mit einem Mal aber scheint das Hindernis nicht mehr zu existieren, ist emporgehoben oder weggespült. Der Stein – ein schwebendes Objekt. Wie ist das möglich? Es hat etwas mit dem Glauben zu tun, dass da etwas zart und mutig flüstert, mögen andere korrigieren: Nein, da ist doch nichts zu hören.
Guter Geist Geduld: Altertümlich und frisch
In die Erlöserkirche, deren Programm von Pfarrerin Astrid Bender konzipiert ist, fließen immer weitere Besucher. Denn: “Die Fackelführungen durch die landgräflichen Gemäuer und Anlagen im Schloss wurden gleich zu drei Terminen angeboten”, schreibt Stefan Höhl in der Frankfurter Rundschau vom 28. Oktober 2013:“Das ermöglichte es den Besuchern in der nahe gelegenen Erlöserkirche nicht zu versäumen, wie die Harfenistin Bettina Linck und Autor Georg Magirius biblisch inspirierte Liebesgeschichten über eine lebensgefährliche Braut zu Gehör bringen. Das Gotteshaus war voll besetzt, draußen bleiben musste trotzdem keiner, denn die Fluktuation der Besucher war ausreichend groß.” Nicht jeder hat den Mut, lange in der Kirche zu bleiben. Denn die Hochzeitsnächte der Braut Sara verlaufen nicht gerade ermunternd: Noch ehe der Anbruch des gemeinsamen Lebens gefeiert werden kann, ist es vorbei. Sieben Mal! Sieben Nächte! Sieben Mal ein Atemende! Wer hält es aus? Ein guter Geist, der bleibt. Vielleicht weil er auf eine so altertümliche Weise geduldig ihm, dass ihm noch nicht einmal das Wort Fluktuation geläufig ist.
“Traumhaft schlägt das Herz der Liebe” von Georg Magirius

Die biblisch inspirierten Liebesgeschichten hat Georg Magirius in dem Buch “Traumhaft schlägt das Herz der Liebe” veröffentlicht. Es hat 160 Seiten und zahlreiche Illustrationen von Marc Chagall. Es kostet 14 Euro 90, ist gebunden und hat einen Schutzumschlag. Heribert Handwerk hat es lektoriert. Die ISBN-Nummer lautet ISBN 978-3-429-03585-3. Weitere Informationen, Leseprobe, Bestellmöglichkeit und Pressestimmen zu Buch und Konzertlesungen sind hier.
