Frankfurt

Vom Vorteil der Ineffizienz

Welche Orte versprechen Ruhe? Es sind Plätze, deren Eigenart offenbar nicht ganz fassbar sind, geheimnisvolle Orte. Sie locken damit, ineffizient sein zu dürfen. Es muss jedenfalls nicht unbedingt ein Kirchenraum sein, heißt es im Beitrag „Was ist Ihr spiritueller Lieblingsort?“ der Ausgabe 2/2025 des EFO-Magazin der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach. Sondern? Ein Kirchturm, sagt Bildhauerin Lisa Marai Klein, die sich in der Offenbacher Friedenskirche einen Kunst-im-Turm-Raum geschaffen hat. Eine besondere Atmosphäre habe er. „Vielleicht sind es die dicken Steinmauern oder das besondere Licht. Oder die Höhe des Raums.“ Dort könne sie „völlig in mein kreatives Tun abtauchen, mich voll und ganz dieser Sache hingeben.“

Stadion

Eine hingebungsvolle Haltung hat Jutta Spengler zum Frankfurter Waldstadion, weil sie seit ihrer Kindheit Fan der Frankfurter Eintracht ist. Ihre Haltung ist manchmal eine Bewegung, „wenn ich nach einem wichtigen Tor meinen Sitznachbarn in die Arme falle, die ich inzwischen auch sehr gut kenne. Ich bin seit 15 Jahren Dauerkartenbesitzerin, trotzdem ist es jedes Mal etwas Besonderes, wenn wir zu Spielbeginn ‘Im Herzen von Europa‘ singen.“ Selbst wenn die Eintracht schlecht spielt, gebe ihr das Kraft, weil die Fans zusammenhalten.

Garten

Ebenfalls ein Platz außerhalb der Kirche gibt Cornelia Martin Inspiration. Allerdings liegt er nun nicht weit von einem Gotteshaus entfernt, nämlich direkt hinter der Matthäuskirche im Bahnhofsviertel. Dort sitze Martin manchmal im Hoffnungsgarten unter der Kastanie. .„Durch eine Mauer vom Straßenlärm geschützt, mit Blick auf das Gotteshaus und die Blumen, Beerensträucher und Hochbeete mit Kräutern und Gemüse, die wir dort angelegt haben. Das ist auch deshalb ein beruhigender Ort, weil hier alle willkommen sind: Kinder und Alte, Männer und Frauen, Einheimische und Zugezogene.“

Freibad

Das Silobad im Westen Frankfurts, einst Bad für Bedienstete der Farbwerke Hoechst, ist für Georg Magirius ein spirituell anregender Ort. „Freibäder sind ja nur vier von zwölf Monaten offen – also unglaublich ineffiziente Orte“, sagt er im Gespräch mit Stephanie von Selchow. „Wunderbar in einer Welt, in der möglichst viel in möglichst kurzer Zeit erledigt werden muss.“ Besonders am Silobad außerdem: Dort liegen „hinter großen Bäumen und Hecken eine Minigolf-Anlage und Sportplätze, die eigentlich immer leer sind.“ Von da habe man einen schönen Blick in Richtung Taunus.

„Ich brauche solche Orte, die nicht vollständig ausgeforscht sind. Das ist lebendig. Und dann natürlich das Schwimmen: Wenn man den Kopf immer wieder unter Wasser taucht, ist man dazu befreit, ruhiger zu atmen. Der Untergrund ist tief, aber das Wasser trägt, das kann man beim langsamen Schwimmen spüren. Wir können nicht alles selbst machen. Aber Gott macht auch nicht alles. Wie beim Schwimmen muss man schon ein wenig mitspielen, sich bewegen, sich interessieren, um Tiefe zu erfahren.

Georg Magirius, aufgezeichnet von Stephanie von Selchow