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Ein pädagogisches Plädoyer für Unangepasste

Einzelgänger ist unter Schülern ein gefürchtetes Etikett. Aber kann es nicht sinnvoll sein, ein Einzelgänger zu sein? Also seinen eigenen Weg gehen zu lernen? Stattdessen gilt es, sich in Gruppenprozesse einzufügen oder “einzubringen”, wie es im pädagogischen Kauderwelsch heißt. Der Blog Heilspraxis Aktuell veröffentlicht einen Gastbeitrag des Theologen, Pädagogen und Autors Dr. Reiner Andreas Neuschäfer. Er hinterfragt das Erziehungsziel des Sich-Einfügens. Es ist damit ein pädagogisches Plädoyer für unangepasste Kinder und Jugendliche. Neuschäfer hat dieses Plädoyer in einem bewusst fragmentarisch-ungefügten Stil verfasst.

Ein pädagogisches Plädoyer für Unangepasste – der Beitrag von Reiner Andreas Neuschäfer

„Du musst dich nur anpassen …!“, „Füge dich ein in die Gruppe …!“.

So lauten häufig Sätze aus dem Mund von Erziehern und Lehrern gegenüber ihren unmündigen Anvertrauten. Einpassung und Anpassung in gruppensoziale oder gesellschaftliche Gegebenheiten – das ist das Ziel, um ein angenehmes Zusammenleben zu ermöglichen.

Nicht selten drängt sich aber der Eindruck auf, es ginge zudem um Unterwerfung, Abrichtung und Anerkennung, ja: Übernahme fremder Vorstellungen und Einstellungen. Der Willkür wird letztlich Tor und Tür geöffnet, wenn es etwa Punkte für Ordnung und Sauberkeit in Klassenarbeiten gibt.

Die Forderung von Anpassung ist eine große Versuchung zu Verführung und Manipulation, gerade in pädagogischen Berufen, wo asymmetrische Strukturen von vornherein das Miteinander bestimmen, selbst (oder manchmal sogar gerade?) dort, wo das Ideal einer partizipatorischen Pädagogik vertreten wird.

Dem Widerständigen Raum geben

Ergebung und Widerstand bedürfen einer eigenen Umspannung: eines Schutzraums der Wertschätzung von Unterschieden, der Liebe und des Respekts.

Eine Gemeinschaft, die immer nur im Gleichschritt geht, macht aus Menschen Maschinen oder manipulierbare Objekte und nimmt sie nicht als Subjekte ernst.

Ist es nicht angebracht, auch junge Menschen dazu zu erziehen und zu bilden, etwas nicht einfach nur hinzunehmen, sondern es zu hinterfragen und hintergründige Faktoren – beispielweise ideologiekritisch – aufzudecken?

Macht und Schmach hängen eng zusammen. Daher ist zu fragen, wovor viele Lehrer Angst haben, wenn sie jungen Menschen begegnen, die nicht einfach nur angepasst sind.

Spielt da die Angst vor Kontrollverlust eine Rolle oder gar vor Machtverlust?